Licht dazwischen 2015/16
Polaroidserie
„Die Augen über die Landschaft in die Sonne als Lichtquelle zu richten, in den Raum der Unendlichkeit, den Kosmos, und dies mit einer Polaroid einzupacken, als Fragment zu miniaturisieren, hat etwas sehr Widersprüchliches und das ist es, was mich interessiert.“
"...Indem Paolo Rossi die materielle Spuren behutsam freilegt, in die sich das Licht im vielschichtigen Dazwischen des Fotos transformiert hat, macht er nicht nur deren Innenleben sichtbar, sondern führt zugleich die zum Verschwinden gebrachte Opazität des Transparenzmediums Fotografie vor Augen. Wir sehen nicht nur das fotografisch Dargestellte (also die Landschaft im Gegenlicht), sondern auch das, was das für seine Erzeugung perfekter Illusionen bekannte Medium verschweigen möchte, nämlich seine Materialität. Der durch die illusionistische Landschaft in die Ferne gleitende Blick wird durch die Öffnungen und Repositionierungen jäh gebremst und umgelenkt, das romantische Fenstermotiv erfährt damit seine Verkehrung ins Gegenteil. Vielschichtig im buchstäblichen Sinn ist damit nicht nur das von Paolo Rossi gewählte Medium der Polaroidfotografie, in deren sich selbst entwickelnden Filmen er Unendlichkeit einzupacken sucht, sondern nicht zuletzt die daraus hervorgegangenen über 90 Miniaturen; sie sind mikrokosmische Verdichtungen einer makrokosmischen Spur. Innen- und Aussenräume, Nähe und Ferne, Materialität und Immaterialtät treffen und durchdringen sich darauf gegenseitig auf semantischer wie medialer Ebene und werden zu einer die Betrachter einbeziehenden kritischen Reinszenierung des romantischen Blicks. Als kleinformatige, unperfekte Licht-Bricolagen brechen sie diesen und weisen jegliches Pathos von sich, das gewöhnlich mit dem Ein- und Auspacken von Unendlichkeit einhergeht. Die Zwischenräume freilegenden Miniaturen folgen nicht einem Concetto Spaziale im Sinne von Lucio Fontana (1899-1968), das die Kunst ebenso heftig wie kontrolliert aus ihren räumlichen Grenzen zu befreien sucht, sondern vielmehr einem Concetto Mentale, das unser komplexes und vielschichtiges raumzeitliches Verwobensein offenlegt. Ein Konzept, das - in Paolo Rossis Worten ausgedrückt - nichts anderes erreichen will, als den Betrachtern über das Hinaus-Hinein- bzw. Hinein-Hinausblicken das eigene Dazwischen bewusst zu machen…." Ursula Helg
Textauszug aus dem Buch: PAOLO ROSSI, LICHT DAZWISCHEN, 2015/16. Mit einer italienischen Übersetzung von Alessandra Ruggieri De Micheli.
Zürich: self-edition, ISBN 978-3-033-05544-5
„Die Augen über die Landschaft in die Sonne als Lichtquelle zu richten, in den Raum der Unendlichkeit, den Kosmos, und dies mit einer Polaroid einzupacken, als Fragment zu miniaturisieren, hat etwas sehr Widersprüchliches und das ist es, was mich interessiert.“
"...Indem Paolo Rossi die materielle Spuren behutsam freilegt, in die sich das Licht im vielschichtigen Dazwischen des Fotos transformiert hat, macht er nicht nur deren Innenleben sichtbar, sondern führt zugleich die zum Verschwinden gebrachte Opazität des Transparenzmediums Fotografie vor Augen. Wir sehen nicht nur das fotografisch Dargestellte (also die Landschaft im Gegenlicht), sondern auch das, was das für seine Erzeugung perfekter Illusionen bekannte Medium verschweigen möchte, nämlich seine Materialität. Der durch die illusionistische Landschaft in die Ferne gleitende Blick wird durch die Öffnungen und Repositionierungen jäh gebremst und umgelenkt, das romantische Fenstermotiv erfährt damit seine Verkehrung ins Gegenteil. Vielschichtig im buchstäblichen Sinn ist damit nicht nur das von Paolo Rossi gewählte Medium der Polaroidfotografie, in deren sich selbst entwickelnden Filmen er Unendlichkeit einzupacken sucht, sondern nicht zuletzt die daraus hervorgegangenen über 90 Miniaturen; sie sind mikrokosmische Verdichtungen einer makrokosmischen Spur. Innen- und Aussenräume, Nähe und Ferne, Materialität und Immaterialtät treffen und durchdringen sich darauf gegenseitig auf semantischer wie medialer Ebene und werden zu einer die Betrachter einbeziehenden kritischen Reinszenierung des romantischen Blicks. Als kleinformatige, unperfekte Licht-Bricolagen brechen sie diesen und weisen jegliches Pathos von sich, das gewöhnlich mit dem Ein- und Auspacken von Unendlichkeit einhergeht. Die Zwischenräume freilegenden Miniaturen folgen nicht einem Concetto Spaziale im Sinne von Lucio Fontana (1899-1968), das die Kunst ebenso heftig wie kontrolliert aus ihren räumlichen Grenzen zu befreien sucht, sondern vielmehr einem Concetto Mentale, das unser komplexes und vielschichtiges raumzeitliches Verwobensein offenlegt. Ein Konzept, das - in Paolo Rossis Worten ausgedrückt - nichts anderes erreichen will, als den Betrachtern über das Hinaus-Hinein- bzw. Hinein-Hinausblicken das eigene Dazwischen bewusst zu machen…." Ursula Helg
Textauszug aus dem Buch: PAOLO ROSSI, LICHT DAZWISCHEN, 2015/16. Mit einer italienischen Übersetzung von Alessandra Ruggieri De Micheli.
Zürich: self-edition, ISBN 978-3-033-05544-5